Vom 21. bis 25. August lief in Sachsen bereits zum neunten Mal die Aktion Perspektivwechsel und auch die sächsische Staatsministerin Brunhild Kurth nutzte die Chance, Einblicke in der Praxis zu sammeln. Das ihre Wahl auf eine Chemnitzer AWO-Kita fiel, war dabei nicht ganz zufällig, schließlich hatte Geschäftsführer Jürgen Tautz gemeinsam mit allen Kita- und Hort-Leiter*innen des Kreisverbandes im März dieses Jahres eine Überlastungsanzeige an das Kultusministerium geschickt.

Nachdem die Ministerin etwa eine Stunde in einer Kita-Gruppe mitgeholfen hat, kam das Gespräch natürlich auf die Rahmenbedingungen in sächsischen Kindertagesstätten und damit zwangsläufig auch auf die Überlastungsanzeige. „Sie sind der Briefeschreiber“, hatte Frau Kurth schon bei der Begrüßung gegenüber dem Geschäftsführer festgestellt und legte im Anschluss an ihren Perspektivwechsel nach: „Ein besserer Personalschlüssel und mehr Vor- und Nachbereitungszeit für die Erzieherinnen und Erzieher, beides gleichzeitig funktioniert nicht. Ein besserer Personalschlüssel geht am Ende zu Lasten steigender Elternbeiträge. Ich weiß zum Beispiel, was die Eltern in Baden-Württemberg für einen Kita-Platz bezahlen, um den Personalschlüssel finanzieren zu können.“ Damit waren die Fronten zunächst geklärt.

„Wir möchten jedem Kind gerecht werden“, erzählte eine Erzieherin der Kita. „Aber bei 16 oder gar 18 Kindern pro Erzieher ist das nicht möglich.“ Anhand eines Entwicklungshefters für ein Kind zeigten die Kolleginnen der Ministerin, wie viel Arbeit allein darin steckt und Katrin Frieden, Leiterin der Einrichtung, fuhr fort: „Oft sehe ich meine Mitarbeiterinnen, wie sie mit großen Taschen nach Hause gehen. In diesen Taschen sind die Ordner der Kinder. Sie schaffen es nicht, diese während ihrer Arbeitszeit in der Kita zu pflegen.“

Brunhild Kurth zeigte sich beeindruckt und lobte die Arbeit der Pädagogen. „Wollen wir gemeinsam ein Stück des Weges gehen?“ fragt sie dann in die Runde. „Gemeinsam mit den Liga-Vertretern auf Landesebene möchte ich im Gespräch an einer Verbesserung der Situation arbeiten.“ Mit diesem Angebot zielte sie auf den nächsten Doppelhaushalt ab und signalisierte ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit.

Einigkeit zeigte sich hingegen beim Thema Erzieherausbildung. So wünschten sich die Mitarbeiterinnen der Kita Tausendfüßler, dass die Ausbildung mehr Praxisanteile enthält und Jürgen Tautz ergänzte: „Es sollte geprüft werden, ob die Erzieherausbildung inklusive dem Sozialassistenten fünf Jahre dauern muss, auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel, der längst in der Praxis angekommen ist.“

„Da bin ich ganz bei Ihnen“, entgegnete die Ministerin. „Strukturelle Veränderungen in der Erzieherausbildung sind nötig und müssen geprüft werden. Bei diesem Thema setze ich ebenfalls auf den Austausch mit den Liga-Vertretern. Auf keinen Fall darf eine Verkürzung jedoch zu Lasten der Qualität gehen.“

Perspektivwechsel Perspektivwechsel Perspektivwechsel Perspektivwechsel